Nordamerika

Für seinen Wahlkampf ist Biden bereit, Alaska zu zerstören

Die Biden-Regierung bereitet einen Gesetzentwurf vor, der das traditionell republikanisch wählende Alaska wirtschaftlich zerstören könnte. Welches genaue Ziel verfolgt das Weiße Haus mit der Entscheidung, dem flächenmäßig größten US-Bundesstaat die Wirtschaftsgrundlage zu entziehen?
Für seinen Wahlkampf ist Biden bereit, Alaska zu zerstören© RIA Nowosti

Von Sergei Sawtschuk

Das laufende Schaltjahr wird Rekorde brechen, denn in sämtlichen Ländern werden potenziell mehr als vier Milliarden Menschen an die Urnen gehen. Die Aufmerksamkeit der Welt wird vor allem auf die Präsidentschaftswahlen in den Vereinigten Staaten im Herbst gerichtet sein. Das ist gerechtfertigt, denn schon der Wahlkampf hat die Weltpolitik grundlegend verändert, und der Ausgang der Wahl wird den weiteren Verlauf der Weltgeschichte bestimmen.

Bis zum Wahltag sind es noch mehr als sechs Monate, aber die Biden-Regierung unternimmt bereits Schritte, die in ihrer Unverfrorenheit und Gesetzlosigkeit beispiellos sind. Die Washington Post schreibt, dass das Weiße Haus einen Gesetzentwurf vorbereite, der die Explorations- und Produktionsbohrungen auf mehr als fünf Millionen Hektar Land im arktischen Teil Alaskas, genauer gesagt in der North Slope Borough, entscheidend einschränken würde.

Der Nordabhang (so wird der Name der Region aus dem Englischen übersetzt) ist das nördlichste Stück Alaskas, das auf der Landkarte das russische Tschukotka überragt. Von Westen her wird diese kalte und dünn besiedelte Einöde von der Tschuktschensee umspült, aber das wichtigste angrenzende Wassergebiet ist die Beaufortsee. Hier sind enorme Mengen an Kohlenwasserstoffen gelagert; allein die nachgewiesenen Offshore-Ölreserven belaufen sich auf über 30 Milliarden Barrel, die Produktion liegt jedoch nur bei knapp einer halben Million Barrel pro Tag. Gleichzeitig leben in der Region, die größer ist als das Vereinigte Königreich, nur 245.000 Menschen, doch diese Zahl schwankt und hängt vom Ölpreis ab, der sich wiederum direkt auf die Fördermengen auswirkt.

Es gibt noch nicht einmal ein Präsidialdekret, sondern nur Gerüchte über die Möglichkeit seiner Unterzeichnung, die in Alaska schon für Entsetzen und Fassungslosigkeit sorgen, da es keinen logischen Grund gibt, die nördlichste Region wirtschaftlich zu töten – und diese Formulierung ist keineswegs eine bloße Redewendung.

In den letzten sechs Monaten wurde viel darüber geredet, dass die gesamte US-Außenpolitik unter der Last der bevorstehenden Wahlen leide und Washington deshalb plötzlich seine aggressiven Klauen eingezogen habe. Es hat keine Eile, Geld für die Fortsetzung des Krieges in der Ukraine bereitzustellen. Es tadelt immer wieder Tel Aviv und erlaubt ihm nicht, das Problem der Palästinenser im Gazastreifen auf radikale Weise zu lösen. Washington ist sogar bereit, den Terroristenstatus der jemenitischen Huthi zurückzuziehen, wenn sie nur aufhören, Raketen auf alle Schiffe zu schießen, die im weiten Bogen des Golfs von Aden, des Indischen Ozeans und des Roten Meeres unter der Flagge unfreundlicher Länder fahren, was die Wiederaufnahme des Seehandels ermöglichen würde.

Doch all dies sind Angelegenheiten im Ausland, während in den Vereinigten Staaten selbst die Situation vor den Wahlen in eine Sackgasse gerät, in deren Zusammenhang lokale politische Analysten eine große politische Krise vorhersagen. Verschiedene Quellen kommen je nach ihren eigenen Vorlieben zu höheren Einschätzungen für Joe Biden oder Donald Trump, aber niemand wagt es, eine genaue Prognose für den Ausgang der Wahl selbst abzugeben. Der bevorstehende Schlag gegen Alaska zeigt, dass das Weiße Haus den Verlauf des vorangegangenen Präsidentschaftsrennens sorgfältig analysiert hat und bereit ist, alle möglichen Maßnahmen zu ergreifen, nur um dem wichtigsten Republikaner die Trümpfe aus den Händen zu schlagen.

Es ist kein Geheimnis, dass Donald Trump sein Wahlprogramm auf die Zusammenarbeit mit den Vertretern des sogenannten einfachen Volkes stützt. Die Demokraten in den Vereinigten Staaten werden von der Boheme, verschiedenen Künstlern, Bewohnern von Metropolen und Anhängern modischer Gender-, Umwelt- und anderer Agenden unterstützt, die Republikaner hingegen von Hinterwäldlern und Vertretern des realen Sektors, insbesondere von Akteuren des Brennstoff- und Energiesektors, denen Trump während seiner ersten Präsidentschaft einen Großteil seiner Versprechen erfüllt hatte, indem er unter anderem im Jahr 2017 die Kohlenwasserstoffförderung im Arctic National Wildlife Refuge (ANWR) erlaubte.

Das erkannte auch Barack Obama, weshalb er 2016 die Ölförderung auf dem arktischen Schelf per Durchführungsverordnung stark einschränkte. Dies diente nur einem Zweck: dem Emporkömmling Trump und Rex Tillerson – dem späteren US-Außenminister, ebenfalls ein Republikaner und damaliger Chef des Ölgiganten ExxonMobil – eins auszuwischen.

Biden macht genau das Gleiche, wohl wissend, dass er damit Alaska zur Entvölkerung verdammt, denn das Öl ist das A und O des dortigen Haushalts und die Grundlage dafür, dass es überhaupt noch Menschen in der Region gibt. Bereits 1976 richtete der damalige Gouverneur Jay Hammond einen permanenten Fonds für den US-Bundesstaat Alaska ein, in den mindestens 25 Prozent der Gewinne aus dem Verkauf des dortigen Öls eingezahlt werden müssen. Dieses Geld wird jährlich auf die Konten der Einwohner Alaskas überwiesen, und in den Statuten des Fonds heißt es ausdrücklich, dass diese Zahlungen einzig und allein dem Zweck dienen, die Bevölkerung des Staates zu erhalten und zu verhindern, dass er sich in eine Eiswüste verwandelt, in die nur Schichtarbeiter kommen, um Geld zu verdienen. Doch trotz aller Bemühungen und Zahlungen ist die Lage nicht so rosig. Der größte US-Bundesstaat (dreimal so groß wie Texas) ist gleichzeitig der bevölkerungsärmste der USA – und die Einwohnerzahl stagniert, obwohl jeder Einwohner nach den Ergebnissen von 2022 eine "Ölrente" von 3.284 US-Dollar erhielt.

Der Hauptfehler Alaskas ist, dass es traditionell Republikaner unterstützt hat. Der "rote Elefant" Mike J. Dunleavy ist dort Gouverneur, und Lisa Murkowski vertritt den Bundesstaat seit mehr als 20 Jahren im Senat. Ihr Vater hatte dieses Amt vor ihr inne, was Anlass zu Scherzen über die hochgelobte Möglichkeit demokratischer Machtwechsel in einer Demokratie gibt.

Nachdem Murkowski von den Absichten des Biden-Regimes erfahren und sich mit den Ölproduzenten der Nordsee beraten hatte, erklärte sie, dass das Verbot, sollte es in Kraft treten, die Kosten für Bohrungen auf bundesstaatlichem Niveau im Durchschnitt um das 15-Fache erhöhen würde, wodurch die Produktion gänzlich unrentabel würde. Dies hätte eine Drosselung der Produktion, die Abwanderung von Fachkräften und einen Rückgang des Lebensstandards zur Folge.

Nach den jüngsten Daten der Energy Information Administration (EIA) belaufen sich die nachgewiesenen Ölreserven in Alaska auf 3,2 Milliarden Barrel, was den US-Bundesstaat auf den vierten und in Bezug auf die Produktion auf den fünften Platz setzt. Gleichzeitig steht auf der Website des Geological Survey schwarz auf weiß, dass der Mineralienreichtum Alaskas noch nicht vollständig erforscht ist und riesige Gebiete noch auf Pioniere mit Hämmern und geophysikalischen Sonden warten. Das größte Förderunternehmen in Alaska ist ConocoPhillips, es erschließt die beiden größten Ölfelder Kuparuk und Prudhoe Bay, die sich in der Nähe des North Slope befinden. Es ist auch der größte Geldgeber im Bundesstaat.

Um das Ausmaß und die Bedeutung der gegenseitigen Beziehungen zu verstehen, sollte erwähnt werden, dass 90 Prozent des Haushalts des Bundesstaates auf die Ölförderung, die Raffinierung, den Transport und den Verkauf entfallen und die Ölproduzenten in den letzten 50 Jahren insgesamt mehr als 180 Milliarden US-Dollar eingezahlt haben. Jedes Jahr tragen die Öl- und Gasproduzenten im Durchschnitt drei Milliarden US-Dollar zum Staatshaushalt bei, und weitere 500.000 US-Dollar gehen an jede Gebietskörperschaft.

Aber bei Öl und Gas geht es nicht nur um Geld. Alaska steht nach Louisiana an zweiter Stelle des Landes, was den Kraftstoffverbrauch angeht. Mehr als 60 Prozent werden von der Industrie verbraucht, weitere 25 Prozent vom Verkehr (dem energieaufwändigsten in den USA), und die Bevölkerung verbraucht weniger als sieben Prozent des gesamten Kraftstoffkuchens. Das neue Verbot würde also auch die lokale Industrie und Logistik treffen. Lisa Murkowski zufolge sei Washington inzwischen so sehr auf Sanktionen erpicht, dass es diese schon gegen seine eigenen Bürger verhängt.

Wenn man von solchen Dingen aus Russland berichten würde, könnte man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich um eine surreale Angelegenheit handelt. Selbst in einer Wahnvorstellung ist es nicht möglich, dass Wladimir Putin die Ölförderung in einer bestimmten Region verbietet, weil dort traditionell zum Beispiel Kandidaten der Kommunistischen Partei unterstützt werden. In den USA hingegen ist das völlig normal.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 18. April 2024.

Sergei Sawtschuk ist ein russischer Kolumnist und Blogger.

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