Meinung

Wiederkehr des politischen MeToo-Zombies: Die Vergewaltigungsvorwürfe gegen Russell Brand

Falls Straftaten begangen wurden, dann müssen diese untersucht und auch vor ein ordentliches Gericht gebracht werden – und eben nicht vor das angebliche "Tribunal" von Massenmedien. Diese Art von medialen "Gerichtsverfahren" kann niemals Recht schaffen und gerecht sein, es schadet aber immer der Wahrheit.

Von Tara Reade

Der Schauspieler und Komiker Russell Brand nutzte seinen Status als Prominenter, um in seiner Online-Show unabhängig denkende Menschen wie etwa den US-Präsidentschaftsbewerber Robert F. Kennedy Jr. zu unterstützen. Er brachte zudem die Beteiligung der USA und der NATO am Stellvertreterkrieg gegen Russland in der Ukraine zur Sprache und hinterfragte auch das Narrativ der Mainstream-Medien zu COVID-19. Den Neoliberalen des Establishments ging all dies offenbar zu weit, und so richteten sie ihre zielgenauen und koordinierten Angriffe auf Russel Brand. Und nun droht ihm die öffentliche Steinigung im Stil von MeToo.

Mehrere Frauen bezichtigten plötzlich Brand der Vergewaltigung und des Missbrauchs, worauf er zunächst umgehend durch Youtube von der Monetarisierung seiner Videos verbannt wurde. Gleichzeitig wurden seine Live-Shows abgesagt, sein Verlag strich ihn von der Liste der Autoren, während TV-Shows, in denen er aufgetreten ist, aus dem Video-On-Demand-Programm der BBC entfernt wurden.

Die Bewegung unter dem Slogan MeToo zog mit dem ehrgeizigen Ziel ins Feld, Frauen die Möglichkeit zu geben, öffentlich über sexuellen Missbrauch zu sprechen und die Mauern des Schweigens zu überwinden. Umgehend wurde die Bewegung von politischen Interessengruppen vereinnahmt und wurde zu einem von den US-Liberalen unterstützten Hashtag auf den Sozialen Medien, der dazu benutzt wurde, diejenigen anzuprangern und auszugrenzen, die sich gegen das Narrativ des Establishments stellten. Nach einem stürmischen Hype geriet die Bewegung relativ bald wieder in Vergessenheit, um jetzt wie ein Zombie zurückzukehren. Das ist sowohl ermüdend als auch unaufrichtig.

Ich kenne all dies aus eigener Erfahrung: Ich habe für die Demokratische Partei der USA gearbeitet und wurde von einem Mitglied dieser Partei vergewaltigt. Dieser Mann der Demokraten, der mich während der Arbeit vergewaltigte, ist heute der Präsident der Vereinigten Staaten. Es wurden keinerlei Ermittlungen gegen Joe Biden geführt für das, was er mir an diesem Tag angetan hatte. Stattdessen gab es vielmehr einen koordinierten Angriff gegen mich selbst in den sozialen Medien und den Medien des Establishments, der Jahre andauerte, was in der Folge mein Berufs- und mein Privatleben zerstörte.

Die MeToo-Bewegung war in meinem Fall nirgendwo zu sehen, weil der Gründer der US-Organisation Time's Up, welche diese Bewegung unterstützte, auf der Gehaltsliste von Joe Biden stand. Die Wahrheit hatte in meinem Fall nie eine Chance. Erst recht als ich kurz davor stand, vor dem Kongress aussagen zu können, lief die Maschinerie der Demokratischen Partei auf Hochtouren gegen mich. Das ging so weit, dass ich in einem anderen Land Asyl beantragen musste, um einer Strafverfolgung oder physischer Gewalt zu entgehen.

Nun, ich hatte nie die Erwartung einer umfassenden Gerechtigkeit in meinem Fall. Aber mir wurde auch nie das Recht einer Untersuchung gegen Joe Biden eingeräumt. Ich weiß, wie es ist, wenn das Narrativ zur völligen Zerstörung einer Person in Stellung gebracht und abgefeuert wird – und jetzt weiß es auch Russell Brand.

Die Fakten zu den ihm angelasteten Taten sind unklar, und viele der Anklägerinnen sind anonym geblieben. Bisher wurden keinerlei Strafanzeigen eingereicht, es wurden auch keine Ermittlungen eingeleitet. Alles, was vorliegt, ist ein dubioser Bericht eines TV-Senders mit gewissen Anspielungen und Behauptungen, die von westlichen Schoßhund-Medien übernommen wurden. Die Vorwürfe gegen Brand wurden im Dokumentar-Format Dispatches des britischen Senders Channel 4 erhoben – in einer Sendung mit dem Titel "Russell Brand: Vor aller Augen (In plain sight)" – sowie zeitgleich in der Zeitung The Times. Zu den Vorwürfen zählen Vergewaltigung und psychische Misshandlung. Als sich die Nachricht zu den journalistischen Recherchen verbreitete, stellten zwei TV-Sendungen umgehend ihre Zusammenarbeit mit Russel Brand ein, und nur wenige Tage später hatte das öffentliche Medientribunal zu seiner vollständigen Ausgrenzung geführt. Fälle von sexuellem Fehlverhalten, insbesondere wenn dabei berühmte Personen involviert sind, sorgen immer für Schlagzeilen.

Allerdings sind sexuelle Übergriffe und Vergewaltigungen schwierig öffentlich zu debattieren. Auf psychologischer Ebene geht es bei Vergewaltigung nicht um Sex, sondern um Macht. Auf rechtlicher Ebene dreht sich bei allen Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe alles darum, ob ein Einverständnis des angeblichen Opfers vorlag. Gab es ein Einverständnis oder gab es keines? Es scheint eine recht einfache Frage zu sein, aber wenn es darum geht, rechtliche Definitionen zu diskutieren, kann es viel komplizierter werden, insbesondere dann, wenn man Dinge wie die Fähigkeit, ein Einverständnis zu erteilen, oder den Widerruf eines Einverständnisses in das Ganze mit einbezieht. Und dann ist da noch die politische Ebene.

Vergewaltigung ist in den USA und im Westen im Allgemeinen ein stark politisiertes Thema, und niemand kann Vergewaltigung besser als politische Waffe ins Feld führen als die US-Liberalen. Wenn sich eine Frau als Opfer zu Wort meldet, wird oft ihr eigener Ruf beschädigt, sei es, sie als Schlampe zu beschimpfen, oder durch den Vorwurf, dass sie bloß nach medialer Aufmerksamkeit strebe. Das MeToo-Mantra "Glaube allen Frauen" wird – wenn es von der politischen Agenda der US-Liberalen übernommen wird – sehr selektiv angewendet. Und es wird umgekehrt auch sehr einfach, eine politisch unbequeme Anklägerin zu diskreditieren, indem man ihren Ruf zerstört. Die Anschuldigungen selbst werden dann zu einem Instrument, um ausgewählte Ziele auszugrenzen oder zum Schweigen zu bringen.

Nun haben einige in den sozialen Medien ihre Unterstützung für Russel Brand kundgetan. Dazu gehören neben seinen Fans auch Persönlichkeiten wie Elon Musk, Tucker Carlson und Andrew Tate. In einer Welt der Echokammern, wie auch das westliche Umfeld der Social Media eine ist, wird wahrscheinlich keiner die Meinung des anderen Lagers ändern können. Und Menschen, die Russel Brand aufgrund seiner Anti-Establishment-Ansichten bereits bestenfalls als "umstritten" betrachtet haben, sind jetzt bereit für einen umfassenden Angriff gegen ihn.

Wenn Russell Brand unschuldig ist, steht er vor einem langen Weg, dies auch zu beweisen – vor einem Gericht, falls es dazu kommt, aber auch vor dem "Gericht" der öffentlichen Meinung. Und im letzteren Fall wird sich das Image von Brand möglicherweise nie wieder vollständig erholen können. Der Schaden ist angerichtet.

Die Frage, die bei der Erörterung der Vorwürfe gegen Brand gestellt werden muss, ist der merkwürdige Zeitpunkt, zu dem sie vorgebracht wurden. Sein mutmaßliches Fehlverhalten liegt ein Jahrzehnt zurück, wurde aber just ans Licht gezerrt, nachdem er damit begann, sich gegen das Narrativ des Establishments zum Ukraine-Konflikt und zu anderen kontrovers diskutierten Themen auszusprechen. Ebendiese Neoliberalen, denen Brand immer kritisch gegenüberstand, führen nun die Anklage gegen ihn und heizen den Medienrummel an.

Falls Straftaten begangen wurden, dann müssen diese untersucht und vor ein ordentliches Gericht gebracht werden – und nicht vor ein Tribunal von Massenmedien. Aber es scheint, dass die Medien, insbesondere diese Medien mit offensichtlicher politischer Ausrichtung, kein Interesse an Gerechtigkeit haben. Diese Art von medialem "Gerichtsverfahren" kann niemals Recht schaffen oder gerecht sein, schadet aber immer der Wahrheit.

Übersetzt aus dem Englischen.

Tara Reade ist RT-Mitarbeiterin, Autorin, geopolitische Analystin und ehemalige Beraterin des US-Senats. Man kann Tara auf X unter @ReadeAlexandra folgen.

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