Meinung

Neue "wundervolle" Welt: Russland wird permanent kämpfen müssen

Europa ist von einem bloßen Vasallen zu einem Sklaven der USA geworden. Ein Vorreitermodell dieser Entwicklung stellte die Ukraine dar, deren künftige Existenz fraglich ist. Die Zerstörung Europas, vor allem Deutschlands, ist im Gange. Und Russland kann nicht mehr tun, um dies aufzuhalten.
Neue "wundervolle" Welt: Russland wird permanent kämpfen müssenQuelle: Sputnik © Alexei Maischew

Von Timofei Sergeizew

Russland befindet sich nicht auf dem Weg zum Frieden. Der moderne Weltkrieg ist permanent – er ist es, nicht die "Weltrevolution". Er wurde zu einem US-Exportprodukt für jene politischen Statthalter, die mithilfe der CIA durch "Farbenrevolutionen" an die Macht kamen und kommen. Und es sind nicht wir, die diese Ordnung der Dinge bestimmen. Unser Land hat genug damit zu tun, seine unerschlossenen Territorien zu entwickeln. Aber dazu muss Russland in Ruhe gelassen werden – was keiner seiner zahlreichen Feinde tun wird. Wir müssen eine direkte, unmittelbar kritische Bedrohung überwinden. Die Ukraine wurde in eine US-amerikanische Kamikaze-Drohne verwandelt, und diese Drohne greift an. Sie muss abgeschossen werden.

Russland wäre wahrscheinlich mit einer neutralen Ukraine zufrieden gewesen, die nicht der NATO angehört und, was am wichtigsten ist, auf keine Weise militärisch durch die USA ausgenutzt wird. Ist das realistisch? Vor allem vor dem Hintergrund des raschen Wechsels ehemals neutraler europäischer Länder auf die Seite der kollektiven westlichen Aggression? Trotz dessen, wie schnell die letzte Phase vonstattenging, wurde der Übergang lange und sorgfältig vorbereitet. Die Kontrolle der USA über Europa geht vom Stadium der feudalen Vasallität zur vollwertigen Sklaverei über – der Position der frühen römischen Klientel. Das Territorium der Europäer gehört ihnen nicht mehr; sie sind dort Fremde, Wirte, Feinde. Und als solche sind sie gezwungen, die Schirmherrschaft der Vereinigten Staaten zu akzeptieren, ihr Leben und ihren Tod in deren Hände zu legen – und gleichzeitig auch ihre Ressourcen.

Die Ukraine wurde in dieser US-amerikanischen Angelegenheit für die Rolle eines Arbeitsmodells und eines Beispiels, eines "Vorreiters" und einer "Lokomotive" bestimmt. Die als "Demokratie" bezeichnete Oligarchie, die sich als angebliche Elitokratie ausgibt, hat in der Ukraine das Europa, dem sie so gerne beitreten wollte, in seiner Entwicklung weit übertroffen. Und sie war die Erste, die in die Phase der von außen gesteuerten Liquidierung der "Oligarchischen Republik" eintrat, was den Übergang von der Vasallen- zur Sklavenunterordnung darstellt. In dieser Phase werden die milliardenschweren Bonzen ihres politischen Gewichts beraubt und "an die Front" geschickt. Der letzte oligarchische Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, verteidigte noch die Klasseninteressen der ukrainischen Oligarchie. Das führte zu den Minsker Vereinbarungen. Der Manager Wladimir Selenskij hat selbst keine solchen Interessen – und hat auch kein Recht, sie zu vertreten. Die neue Regierung kann nur die Tyrannei einer von außen gesteuerten Militärjunta sein. Illusionen, die ehemalige ukrainische Oligarchie für die Aushandlung eines "Friedensvertrags" zu nutzen, mögen russische Oligarchen im politischen Ruhestand begeistern, aber die eigentlichen Machtträger können es sich nicht erlauben, ihnen zu erliegen.

Das Schicksal der Ukraine erwartet auch Europa. Europa hat keine Mittel – weder kulturell noch existenziell –, um sich der US-Herrschaft zu widersetzen. Die Vereinigten Staaten werden jede Zerstörung, vor allem eine systemische und langfristige Zerstörung, der Alten Welt befürworten. Dies ist ihre Chance, als einer der Pole der multipolaren Welt zu bestehen und sich China und Russland entgegenzustellen. Die europäische Politik ist Vergangenheit. Der Niedergang Europas hat stattgefunden. Auf dieser Grundlage basiert nun die russische geostrategische Planung.

Im Mai dieses Jahres erläuterte Sergei Lawrow das Auftauchen des Begriffs "Angelsachsen" im offiziellen Konzept der russischen Außenpolitik, eines Begriffs, der darin zuvor nicht gebräuchlich war. Die Angelsachsen – das heißt das Bündnis zwischen dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland und den Vereinigten Staaten – bildeten sich als geopolitisches Subjekt infolge des Zweiten Weltkriegs heraus. Sie fungierten als Provokateur des Angriffs Hitlerdeutschlands auf die UdSSR, als durchtriebener und eigennütziger "Verbündeter-Gegner", als Partner bei der Aufteilung von Einflusssphären und der Festlegung von Grenzen, der unmittelbar nach dem Abschluss von Vereinbarungen begann, die Zerstörung der UdSSR vorzubereiten. Die russische politische Tradition hat den Angelsachsen die Bezeichnung "Alliierte" ("Partner" in der Sprache der postsowjetischen Rhetorik) jedoch erst abgesprochen, als die anglo-amerikanischen Bemühungen in der Ukraine ein Regime des Nazi-Terrors errichteten, das auf einen Krieg mit Russland abzielte. Ein 80-jähriger politischer Zyklus, der 1943 in Teheran begann, ging zu Ende.

Hitlers strategisches Ziel war nicht der Krieg mit der UdSSR. Hitler wiederholte den Fehler Napoleons, der den russischen Osten nur als Ressource für die spätere Konfrontation mit den Angelsachsen betrachtete, die zu einem strategischen Kampf um die rassische Vorherrschaft in der Welt werden sollte. Die unvorhergesehene Niederlage Hitlerdeutschlands gegen die Russen brachte das Spiel durcheinander. Deutschland wurde von der Sowjetunion gerettet und als Konkurrent für die Vereinigten Staaten und England erhalten. In dieser Eigenschaft arbeitete die UdSSR mit der BRD zusammen. Heute ist aber die Frage der Liquidierung Deutschlands als politische Einheit, die kulturell und wirtschaftlich reich und leistungsfähig ist, wieder auf der Tagesordnung. Während die Ukraine davon träumt, das "zweite Polen" zu werden, bereitet sich das erste Polen auf die Rolle des Hausherrn und Abwicklers von Deutschland vor. Diesmal allerdings kann Russland nichts mehr für Deutschland tun.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 29. Juli 2023 bei RIA Nowosti.

Timofei Sergeizew ist ein russischer Polittechnologe und Philosoph.

Mehr zum ThemaUkrainerin schreibt dem EU-Chefdiplomaten Borrell: "Du bist ein Heuchler, Josep"

RT DE bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Gastbeiträge und Meinungsartikel müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.