Irland will nicht "Schlupfloch" für britische Asylpolitik sein
Zwischen Großbritannien und Irland könnte es zu diplomatischen Verstimmungen kommen. Auslöser ist das neue sogenannte "Ruanda-Gesetz", das vor kurzem vom britischen Parlament beschlossen wurde. Das Gesetz sieht vor, dass Migranten, die illegal im Vereinigten Königreich ankommen, nach Ruanda abgeschoben werden können.
Das Gesetz hat direkte Auswirkungen auf Irland. Der irischen Regierung zufolge kommen nun mehr als 80 Prozent der Asylwerber via Nordirland ins Land. Außenminister Micheál Martin machte für den jüngsten Anstieg teilweise die britische Ruanda-Politik verantwortlich. Aus Angst, nach Ruanda geschickt zu werden, wichen die Leute jetzt nach Irland aus, mutmaßte Martin.
Einfach zurückgeschickt werden können sie nicht, weil ein irisches Gericht kürzlich der Klage zweier Migranten stattgegeben hat, die sich auf den Standpunkt stellten, das Vereinigte Königreich könne nicht mehr als sicheres Drittland gelten, wenn Abgeschobene damit rechnen müssten, nach Ruanda verbracht zu werden.
Das will die Regierung in Dublin jedoch per Gesetz wieder ermöglichen. Der neue irische Premierminister Simon Harris, erst seit dem 9. April im Amt, erklärte am Sonntag laut dem öffentlich-rechtlichen Sender RTE, dass Irland kein "Schlupfloch" für die Migrationsprobleme in anderen Ländern bieten werde.
Jedes Land habe zwar das Recht auf eine eigene Migrationspolitik, er werde aber nicht zulassen, dass die Politik anderer Länder "die Integrität unserer eigenen Politik beeinträchtigt". Martin hatte zuvor einen Anstieg von Asylsuchenden beklagt, die über die Landgrenze aus dem zum Vereinigten Königreich gehörenden Nordirland einreisen.
An der Grenze gibt es keine Kontrollen – das war ein enorm strittiger Punkt nach dem Brexit. Doch um die Wirtschaft nicht zu behindern und den jahrzehntelangen Nordirland-Konflikt nicht wieder aufzuheizen, konnte man die offenen Grenzen durchsetzen.
Kritiker des britischen Flüchtlingsplans führen an, dass sich viele Menschen der Abschiebung entziehen können, indem sie untertauchen. Das scheint sich zumindest teilweise zu bestätigen. Der britische Premier Rishi Sunak sieht das anders: "Es zeigt sich, dass der Abwehrmechanismus bereits wirkt", sagte er im Sender Sky News. Und weiter:
"Die Menschen haben Angst davor, hierherzukommen."
Irland hatte an sich bisher kaum Probleme mit illegalen Einreisen und übernimmt Geflüchtete gemäß EU-Abkommen. Allerdings galt in den vergangenen Monaten die Stimmung im Land mehrmals schon als explosiv. Als im November 2023 ein aus Algerien stammender psychisch kranker Mann auf offener Straße in Dublin auf Kinder eingestochen hatte, kam es zu spontanen Protesten und Ausschreitungen. Geschäfte wurden geplündert und es gab gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei.
Eines der politischen Hauptprobleme in Irland ist eine seit Jahren grassierende Wohnungsknappheit, die teilweise noch auf die Schuldenkrise des Landes von Anfang der 2010er-Jahre zurückgeht. Seit der militärischen Eskalation zwischen der Ukraine und Russland hat Irland zudem mehr als 100.000 Menschen, vorrangig Frauen und Jüngere, aus der Ukraine aufgenommen – eine weitere Belastungsprobe für den Wohnungsmarkt.
Bei der Unterbringung von anderen Flüchtlingen hat die Regierung enorme Probleme, das schlägt sich auch in der öffentlichen Wahrnehmung wider. Im März wurde eine Zeltstadt in der Mount Street in Dublin geräumt, in der mehrere Hundert Menschen kampiert haben.
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