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Was bedeuten die Pläne Polens und der Slowakei, der Ukraine Flugzeuge zu schicken?

Die Slowakei und Polen beabsichtigen gemeinsam, Jagdflugzeuge vom Typ MiG-29 an die Ukraine zu übergeben. Nach Meinungen von Experten zeugt dies vom Unwillen der USA, eigene Flugzeuge an Kiew zu übergeben, und deren Intention, die Flugzeuglieferungen auf Osteuropa abzuwälzen.
Was bedeuten die Pläne Polens und der Slowakei, der Ukraine Flugzeuge zu schicken?Quelle: AFP © RADOSLAW JOZWIAK

Von Alexandr Karpow, Wladimir Dujun und Aljona Medwedewa

Die Slowakei hat Polens Zustimmung zur gemeinsamen Übergabe von MiG-29-Jagdflugzeugen erhalten, die zuvor im Dienst dieser Länder standen. Dies berichtete der slowakische Verteidigungsminister Jaroslav Nad. Die Nachrichtenagentur TASS zitierte ihn wie folgt:

"Ich bestätige, dass Polen einverstanden ist, dass wir die MiGs in die Ukraine schicken. Auf dem Treffen der EU-Verteidigungsminister in Schweden am Mittwoch bestätigte mir der polnische Kollege, dass sein Land der gemeinsamen Prozedur zur Übergabe von Überschüssen der MiG-29 der beiden Länder an die Ukraine zustimmt."

Im August 2022 hat die Slowakei elf Jagdflugzeuge vom Typ MiG-29 aus ihren Streitkräften ausgemustert. Damals hatte eine Reihe von Medien und ukrainischen Politikern berichtet, dass diese Flugzeuge bereits an Kiew übergeben wurden, doch das Verteidigungsministerium der Slowakei dementierte diese Information.

Damals erschienen Meldungen über die Bereitschaft der Slowakei, der Ukraine ihre MiG-Jäger zu übergeben, falls Bratislava im Austausch dafür US-amerikanische Jäger der vierten Generation vom Typ F-16 erhält.

Im Januar 2023 behauptete Nad, zur Übergabe dieser Flugzeuge an Kiew bereit zu sein, und betonte, dass die Entscheidung diesbezüglich die Position der Verbündeten berücksichtigen werde.

Später wandte sich der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij am Rande des EU-Gipfels in Brüssel offiziell an den amtierenden Ministerpräsidenten der Slowakei Eduard Heger mit der Bitte, MiG-29-Jäger an Kiew zu übergeben.

Damals sagte Heger vorläufig zu. Dagegen trat die größte slowakische Oppositionspartei "Richtung – Sozialdemokratie" ein, die Hegers Handlungen als verfassungswidrig bezeichnete.

Wechsel der Position

Zuvor hatte Polens Regierung, darunter Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak behauptet, zu einer Lieferung der Flugzeuge an die Ukraine nur im Rahmen einer Koalition mit einem anderen NATO-Mitgliedsstaat bereit zu sein. Błaszczak sagte:

"Was die Frage nach Flugzeugen betrifft, müssen Entscheidungen dazu auf einer höheren Ebene der Allianz getroffen werden."

Währenddessen gab der polnische Präsident Andrzej Duda an, dass Warschau Flugzeuge vom Typ MiG-29 an Kiew übergeben werde, die einsatzbereit sind und im Dienst der polnischen Luftwaffe stehen.

Doch vor dem Hintergrund der Erklärung des slowakischen Verteidigungsministeriums korrigierte die polnische Seite ihre Position zu Flugzeuglieferungen an die Ukraine. So betonte der Leiter der polnischen Präsidialkanzlei Paweł Szrot, dass Warschau nicht plane, Kiew eine große Anzahl von Jägern zu übergeben. TASS zitierte ihn wie folgt:

"Nach meiner Kenntnis wird keine große Anzahl an Flugzeugen durch Polen übergeben. Ich kann mit Sicherheit sagen, dass diese Anzahl nicht der Zahl der übergebenen Panzer entsprechen wird."

Er erinnerte außerdem an die Position der Regierung, wonach Warschau die Flugzeuge dem Kiewer Regime im Rahmen einer "breiten internationalen Koalition – damit die Ukraine reale Unterstützung spüren kann" – zu liefern beabsichtigt.

Im Verlauf der vergangenen Monate hatte Kiew von den westlichen Staaten immer wieder gefordert, Flugzeuge zu liefern. In diesem Kontext spricht die ukrainische Regierung von US-produzierten Maschinen vom Typ F-16. So berichtete der stellvertretende US-Verteidigungsminister Colin Kahl während einer Kongresssitzung, dass Kiew Washington um bis zu 128 Jäger der vierten Generation bat.

Allerdings gibt es innerhalb der NATO keine Einigkeit in dieser Frage, bemerken Politologen. So sagte der Präsident der USA, Joe Biden, am 25. Februar in einem Interview mit dem Fernsehsender ABC, dass nach Schätzungen US-amerikanischer Spezialisten die Ukraine keine F-16-Jäger benötige und dass er ihre Lieferung an Kiew gegenwärtig ausschließe.

Dabei bemerkte der Präsident, dass Washington in dieser Phase des Konflikts Lieferungen von Panzern, Artillerie und Luftabwehrwaffen für wichtiger halte.

Seinerseits sagte Bidens Berater zur nationalen Sicherheit, Jake Sullivan, Ende Februar, dass eine mögliche Übergabe von Jagdflugzeugen an die Ukraine die Frage einer fernen Zukunft darstelle.

Großbritanniens Verteidigungsminister Ben Wallace erklärte zuvor ebenfalls, dass London in nächster Zeit nicht plane, Kiew Jäger des Typs Eurofighter Typhoon zu liefern.

Probelieferungen

Der Experte des Internationalen Instituts für humanitär-politische Forschungen, Wladimir Bruter, ist der Ansicht, dass die USA ihre Verbündeten in Osteuropa nutzen, um einen "ersten Schritt" bei Flugzeuglieferungen an Kiew zu machen. Dabei zeuge es von einer offensichtlichen Verwirrung der Allianzmitglieder, wenn sie von einer kleinen Anzahl von Flugzeugen sprechen, vermutete der Analytiker. Er sagte:

"Die Position der polnischen Regierung, wonach irgendeine 'internationale Koalition' existiere, widerspricht ihrer eigenen Behauptung, nicht am Konflikt teilzunehmen. Dabei verrät Szrot Warschaus Verwirrung, dass Polen keine Flugzeuge im Alleingang schicken will. Dazu benötigen sie sowohl eine Erlaubnis Washingtons, als auch eine direkte oder indirekte Finanzierung."

Er fügte hinzu, dass gegenwärtig die ukrainische Luftwaffe nur Flugzeuge sowjetischer Bauart betreiben kann, und ein Erscheinen von F-16-Jägern oder sonstigen westlichen Maschinen im Gebiet der Militäroperation eine direkte Teilnahme der NATO am Konflikt bedeuten würde. Bruter erklärte:

"Wenn doch noch nichtsowjetische Flugzeuge geliefert werden, werden sie von ausländischen Piloten gesteuert. Ferner gibt es in Osteuropa nicht genug ausgebildete Spezialisten mit ausreichender Flug- und Kampferfahrung. Und in der Ukraine gibt es keine Piloten, die an westlicher Technik ausgebildet sind. Das, was man uns von einer Ausbildung im Ausland erzählt, ist eine Utopie. Es ist unmöglich, in einer kurzen Zeit Piloten an einer so komplizierten Technik, wie die F-16 auszubilden. Deswegen werden westliche Piloten, Techniker, Instrukteure und so weiter bereitgestellt werden müssen. Die Lieferung dieser Maschinen wird durch das Fehlen der Infrastruktur und der Entscheidung der westlichen Länder über die legale Entsendung ihrer Militärangehörigen zur Teilnahme am Konflikt erschwert."

Seinerseits bemerkte der Militäranalytiker Alexander Chrolenko in einem Gespräch mit RT, dass die geplanten Flugzeuglieferungen an die Ukraine durch die Slowakei und Polen davon zeugen, dass die USA und Westeuropa offensichtlich keine Flugzeuge liefern wollen. Er erklärte:

"Die Slowakei ist genauso wie Polen eine Marionette der Vereinigten Staaten, ohne deren Erlaubnis sie keinen Schritt macht. Die Übergabe der MiG-29 wurde zu einer Art Ausgleich für das Fehlen der Pläne der USA, eigene Jäger zu schicken, um den Konflikt in Osteuropa nicht weiter zu eskalieren."

Nach seinen Einschätzungen können in Osteuropa etwa 140 Maschinen vom Typ MiG-29 gesammelt werden, die theoretisch der Ukraine übergeben werden könnten. Dabei fügte Chrolenko hinzu:

"Allerdings können die Flugzeuge allein vom polnischen staatlichen Flugzeugreparaturwerk Wojskowe Zaklady Lotnicze No. 2, der Hauptbasis zur Wartung der Flugzeuge vom Typ MiG und Su in Osteuropa gewartet werden. Das Werk in Lwow wurde durch einen Raketenangriff noch zu Beginn der Spezialoperation ausgeschaltet. Dabei dominieren im Gebiet der Spezialoperation die neuen russischen Jäger, weil sie sich technologisch auf einer ganz anderen Ebene befinden."

Nach seiner Ansicht versucht Washington offensichtlich, ein Entsenden von F-16-Jägern an Kiew zu vermeiden. Er schlussfolgerte:

"Washington traut sich nicht, diese Maschinen an Kiew zu liefern, nicht so sehr wegen der Sorgen über eine direkte Eskalation zwischen den USA und Russland, sondern wegen der offensichtlichen technologischen Überlegenheit der russischen Waffen. Die fortschrittlichsten US-amerikanischen Luft-Luft-Raketen AIM-120 AMRAAM sind den vergleichbaren russischen Raketen R-37M in Reichweite bedeutend unterlegen. Dazu sind die russischen Raketen Überschallraketen, die mit einer Geschwindigkeit von sechs Mach oder etwa 7.150 Kilometer pro Stunde fliegen und ihre Ziele in maximaler Entfernung in drei bis vier Minuten nach dem Abfeuern erreichen. Deswegen bilden die USA 'zu einem günstigen Preis' ukrainische 'Kamikazeflieger' aus, die wahrscheinlich einen einzigen Kampfeinsatz fliegen werden können."

Übersetzt aus dem Russischen.

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