Deutschland

Rheinland-Pfalz: Innenminister wegen Führungsversagen im Fokus vom U-Ausschuss zur tödlichen Flut

Wer trägt die Schuld für das Komplettversagen der Behörden? Eine Frage, auf die auch ein Jahr nach der Flutkatastrophe im Ahrtal keine Antwort gefunden ist. Ein Untersuchungsausschuss soll es endlich klären. Doch bereits jetzt steht fest: Die Aufarbeitung wird noch lange dauern.
Rheinland-Pfalz: Innenminister wegen Führungsversagen im Fokus vom U-Ausschuss zur tödlichen FlutQuelle: www.globallookpress.com © IMAGO/Christoph Hardt

Die Aufarbeitung der verheerenden Flutkatastrophe im Ahrtal im vergangenen Juli mit 134 Toten ist noch lange nicht vorbei. Bereits seit einem Dreivierteljahr soll ein Untersuchungsausschuss des rheinland-pfälzischen Landtags klären, wer die Verantwortung für die Tragödie trägt. Nun gerät das rheinland-pfälzische Innenministerium zunehmend in Bedrängnis. Haben die Verantwortlichen um Innenminister Roger Lewentz (SPD) bewusst gelogen?

War es wirklich so unvorhersehbar, dass die Ahr am Ende eines tagelangen Dauerregens mit heftigen Gewittern rasant ansteigen würde? Weshalb wurde nicht gehandelt, als das Wasser stieg? Fragen, denen sich nun auch Markus Brugger als der damalige Dienstgruppenleiter im Lagezentrum des Innenministeriums stellen musste. Am vergangenen Freitag hatte er vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags als Zeuge ausgesagt.

Nach Kenntnisstand der Obleute hatte Brugger am Flutabend unter anderem einen Anruf vom Umwelt-Staatssekretär Erwin Manz (Bündnis 90/Die Grünen) erhalten. Über das Telefonat, das um 22:24 Uhr stattfand, hatte Manz im März vor dem U-Ausschuss bereits berichtet. Während des Gesprächs habe der Staatssekretär demnach an Brugger appelliert, alle möglichen Kräfte zu mobilisieren, unter anderem die Bundeswehr, weil an der Ahr Menschen gerettet werden müssten und das Wasser bereits bis zum ersten Stockwerk von Häusern stehe.

Bei seiner Befragung erklärte Brugger am Freitag jedoch, dass er sich nicht daran erinnern könne, aufgrund dieses Anrufs etwas veranlasst zu haben: "Kann mich nicht erinnern, dass ich aufgrund dieses Anrufes von Manz etwas veranlasst hätte." Er könne zudem auch nicht bestätigen, dass von dem Anruf ein dringender Appell ausgegangen sei. Im weiteren Verlauf der Befragung kristallisierte sich zudem heraus, dass der ehemalige Dienststellenleiter offenbar auch nicht aktiv wurde, nachdem er diverse Anrufe aus der Führungszentrale des Polizeipräsidiums Koblenz erhalten hatte, wonach an der Ahr dringend Kräfte benötigt würden. An Details der Telefonate könne er sich nicht mehr erinnern, so Brugger zu den Obleuten. 

Klar ist den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses angesichts der Ungereimtheiten nach Auswertung der Vernehmungen indessen lediglich eines: einer der beiden Befragten lügt. "Entweder sagte der Zeuge Brugger in seiner Vernehmung nicht die Wahrheit oder er war in Anbetracht der Lage komplett überfordert", erklärte der Obmann der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, im Anschluss dem SWR. Er habe Zweifel an der Glaubwürdigkeit Bruggers, "da dessen Schilderung sich auch nicht mit den Schilderungen weiterer Zeugen deckt". Sollte sich bestätigen, "dass Brugger schlicht überfordert war, würde das auch erklären, warum der Innenminister erst so spät über die tatsächliche Lage informiert wurde", so Wefelscheid.

Lag die Schuld vielleicht doch eher beim Innenminister Lewentz?

Für die anderen Oppositions-Fraktionen rückt jedoch bereits ein ganz anderer in den Fokus der Ermittlungen: der Innenminister Roger Lewentz. "Es wäre die Aufgabe von Innenminister [Roger] Lewentz und ADD-Präsident [Thomas] Linnertz [SPD] gewesen, ihre Häuser tatsächlich und persönlich zu führen und die bestmögliche Informationsbeschaffung anzuordnen. Ein erstes, noch unvollständiges Lagebild konnte aufgrund dieses Versagens erst am Morgen des 15. Juli 2021 erstellt werden", sagte CDU-Obmann Dirk Herber.

Auch der AfD-Abgeordnete Michael Frisch sieht die Verantwortung für die Tragödie vielmehr bei Lewentz: "Entweder hat man ihn nicht ausreichend informiert oder er hat die Lage völlig falsch eingeschätzt. In beiden Fällen trägt er die politische Verantwortung für folgenschwere Fehler, die viele Menschenleben gekostet haben dürften." Der Innenminister hatte seinerzeit einen Chatverkehr übermittelt, der das Chaos in der Landesregierung belegen sollte.

Als die Flut bereits zahlreiche Tote gefordert hatte, schrieb Ministerpräsidentin "Malu" Dreyer (SPD) demnach am 14. Juli noch um 21:42 Uhr per SMS an Lewentz: "Ich höre, dass der Höchststand Hochwasser erst Morgen Mittag erreicht ist." Offenbar wäre das eine Fehlinformation. Doch stimmen die Äußerungen des Innenministers? Bis heute ist der vollständige Chatverlauf nicht belegt, noch wurden Screenshots vom Smartphone des Ministers gemacht.

Auch der Fernsehjournalist Willi Willig erhebt schwere Vorwürfe gegen Lewentz. Er habe damals gegen 19:45 Uhr mit Lewentz telefoniert, kurz nachdem dieser die Technische Einsatzleitung im Kreis Ahrweiler verlassen hatte, berichtete er als Zeuge am Freitag vor dem U-Ausschuss. Lewentz habe in dem Telefonat berichtet, ein Haus in Schuld sei eingestürzt und der Minister habe die Zustände als "katastrophal und wirklich schlimm" geschildert. Der Innenminister habe aber nicht den Eindruck gemacht, als erwarte er, dass die Lage dramatisch werden könne, oder als hätte er von irgendwem darauf einen Hinweis bekommen.

Angesicht der neuen Erkenntnisse forderten CDU und AfD den Innenminister von Rheinland-Pfalz nun erneut dazu auf, "sich zu diesen neuen Erkenntnissen zu erklären". Bei der Jahrhundertflut im Ahrtal vor einem Jahr wurden von den Wassermassen neben Häusern und Brücken auch ganze Ortschaften weggerissen. Rund 9.000 Gebäude waren bei der Tragödie zerstört oder beschädigt worden. 17.000 Menschen verloren ihr Zuhause. 134 Menschen starben.

Mehr zum Thema - Flutkatastrophe im Ahrtal: Landrat Pföhler hat zuerst seinen Porsche gerettet

Durch die Sperrung von RT zielt die EU darauf ab, eine kritische, nicht prowestliche Informationsquelle zum Schweigen zu bringen. Und dies nicht nur hinsichtlich des Ukraine-Kriegs. Der Zugang zu unserer Website wurde erschwert, mehrere Soziale Medien haben unsere Accounts blockiert. Es liegt nun an uns allen, ob in Deutschland und der EU auch weiterhin ein Journalismus jenseits der Mainstream-Narrative betrieben werden kann. Wenn Euch unsere Artikel gefallen, teilt sie gern überall, wo Ihr aktiv seid. Das ist möglich, denn die EU hat weder unsere Arbeit noch das Lesen und Teilen unserer Artikel verboten. Anmerkung: Allerdings hat Österreich mit der Änderung des "Audiovisuellen Mediendienst-Gesetzes" am 13. April diesbezüglich eine Änderung eingeführt, die möglicherweise auch Privatpersonen betrifft. Deswegen bitten wir Euch bis zur Klärung des Sachverhalts, in Österreich unsere Beiträge vorerst nicht in den Sozialen Medien zu teilen.